Was macht Retinol mit unserer Haut, wie wende ich es an und wie viel Retinol ist zu viel? Wir zeigen, ob es wirklich so gut ist, wie alle sagen.
Retinol ist ein Nährstoff, der unsere Haut frischer und glatter erscheinen lässt
Von diesem Wirkstoff hast du bestimmt schon einmal gehört, denn er ist in vielen Kosmetikprodukten enthalten. Aber was ist es genau?
Antwort: ein fettlöslicher Nährstoff, der im allgemeinen Sprachgebrauch oft mit Vitamin A gleichgesetzt wird. Genauer gesagt zählt Retinol zur Gruppe der Retinoide, ist die zentrale Wirkform von Vitamin A und lebenswichtig, da es an zahlreichen biologischen Prozessen beteiligt ist – etwa bei der Immunzellen- und Blutbildung oder der Entwicklung von Eizellen und Spermien. Zudem schützt es die Zellen als Antioxidans vor freien Radikalen bzw. schädlichen Umwelteinflüssen.
Unser Körper produziert Retinol nicht selbst, sondern nimmt seine Bausteine über die Nahrung auf. In jüngerem Alter ist das kein Problem. Einen besonders hohen Vitamin-A-Gehalt haben Leber, Eier, Milchprodukte und fetthaltige Fischsorten (z.B. Aal), die Vorstufe Provitamin A gibt’s in Orangen, Spinat oder Karotten. Leider fällt es dem Körper bedingt durch den natürlichen Alterungsprozesses irgendwann immer schwerer, Vitamin A umzuwandeln. Folge: Die Bindegewebszellen werden ausgezehrt, worunter die Haut leidet. Sie verliert an Feuchtigkeit, Elastizität und Spannkraft.
Die Wirkung von Retinol auf die Haut wurden in mehreren wissenschaftlichen Studien bewiesen [1,2]. Das Molekül ist zerlegbar, kann daher in verschiedene Hautschichten eindringen und sich dort als eine Art Alleskönner entfalten.
So stimuliert Retinol die körpereigene Kollagenbildung, reguliert die Talgproduktion und stärkt die Hautbarriere, was der Feuchtigkeitsspeicherung dient. Es kann Unreinheiten mindern, die Hautstruktur festigen, Fältchen glätten, die Faltentiefe reduzieren, große Poren verkleinern und gegen Pigmentflecke sowie Sonnenschäden helfen. Sprich: Retinol bekämpft die Zeichen der Hautalterung und lässt das Erscheinungsbild frischer, glatter, ebenmäßiger erscheinen. Grundsätzlich eignet sich die Substanz für fast jeden Hauttyp inklusive empfindlicher Haut.
Vorsicht bei der Konzentration:
Schon geringe Mengen an Retinol sind hochwirksam
Wenn man sich näher mit Retinol und den Retinoiden beschäftigt, wird es ziemlich schnell ziemlich chemisch. Um dich nicht unnötig mit Begriffen wie Retinol-Ester, Retinyl Palmitate oder Retinaldehyd zu verwirren, fokussieren wir uns auf das Wesentliche: die Konzentration von Retinol in Kosmetikprodukten.
Frei erhältlich auf dem Kosmetikmarkt findest du Retinol als Inhaltsstoff von Gesichtscremes, Seren, Masken und Ölen. Daneben kann das A-Vitamin in Form von Tabletten/Kapseln zur Nahrungsergänzung eingenommen oder als Peeling benutzt werden. Exfoliants mit Retinol solltest Du nicht alleine durchführen – hier müssen Experten ran.
Mehr hilft mehr?
Bei der Retinol-Anwendung gilt das Gegenteil
Ob in Eigenregie oder mit fachgerechter Unterstützung: Sehr wichtig ist es, nach Retinol-Anwendungen auf Sonnenbelastung zu achten, denn der Stoff macht deine Haut anfälliger für UV-Strahlen. Masken o. ä. daher am besten abends anwenden und deine Haut im Anschluss mit einer Feuchtigkeitscreme unterstützen. Denke an den Sonnenschutz am nächsten Tag, am besten LSF 50. Und mixe Retinol besser nicht mit chemischen Peelings. Frauen mit Kinderwunsch, Schwangere und stillende Mütter sollten komplett auf Retinol verzichten oder sich im Zweifelsfall von ihrem Frauenarzt oder ihrer Frauenärztin beraten lassen.
Die Effekte des Wirkstoffes hängen von individuellen Faktoren ab: deinem Hauttyp, deinem Hautzustand, deiner Hautreaktion und der Dosierung. Hier die Anwendungstipps der Hersteller beachten, pauschale Aussagen lassen sich nicht treffen. Zu Beginn ist eine ein- bis zweifache Anwendung pro Woche absolut ausreichend, bei guter Verträglichkeit kannst du dich behutsam steigern. Mit Betonung auf behutsam. Bei Retinol gilt nämlich die Faustregel: Weniger ist mehr. Im Zeitraum von drei Wochen bis drei Monaten sollten sich dann sichtbare Resultate einstellen.
Nochmals: Habe die Dosierung im Blick und folge der Anwendungsempfehlung des Herstellers oder deines Arztes bzw. deiner Ärztin. Das Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) plädierte bereits 2014 dafür, die Aufnahme von Retinol bzw. retinol-ähnlichen Substanzen über Kosmetika zu begrenzen und für Lippen- und Körperpflegeprodukte völlig zu verbieten. Die Deutsche Gesellschaft für Ernährung (DGE) empfiehlt eine tägliche Zufuhr von unter einem Milligramm.
Nicht ungewöhnlich ist, dass Retinol zunächst trockene, irritierte oder brennende Stellen verursacht und die Haut sich schält. Falls diese Erstverschlimmerungen innerhalb einer angemessenen Phase abklingen (einige Tage bis drei Wochen), sind sie kein Grund zur Besorgnis, sondern ein Signal, dass deine Haut auf das neue Milieu reagiert.
Was du jedoch wissen solltest: Bei einem Zuviel an Retinol droht eine Hypervitaminose, also eine Überdosierungserscheinung. Sie kann zu Kopfschmerzen und Erbrechen führen, bei chronisch überhöhter Aufnahme sogar eine Bandbreite an Konsequenzen haben: von aufgeplatzten Lippen über Knochen- und Muskelschmerzen und Haarausfall bis zu Erkrankungen der Leber.
Retinol ist nicht der einzige Weg zu einem jüngeren, frischeren Teint. Die ästhetische Medizin kennt weitere Möglichkeiten, die Produktion von körpereigenem Kollagen anzuregen und die Hautqualität nachhaltig zu verbessern.
Quellen:
[1] Kong R, et al. A comparative study of the effects of retinol and retinoic acid on histological, molecular, and clinical properties of human skin. J Cosmet Dermatol 2015; 49-57
[2] Kafi R, et al. Improvement of Naturally Aged Skin With Vitamin A (Retinol). Arch Dermatol 2007; 143(5):606-612